Canetti beschreibt in seinem 1950 entstandenen szenischen Gedankenspiel eine Gesellschaft, die sich durch ein existenzielles Merkmal von allen bisherigen unterscheidet: Der Tod ist abgeschafft. Die Namen der Menschen lauten wie die Anzahl der Lebensjahre, die sie zu leben haben. Eine zentrale Machtinstanz wacht über die Erfüllung dieses sogenannten Augenblicks: Priester, Diktator, Gott – sie verifiziert das Übereinstimmen von vorherbestimmtem und tatsächlichen Sterbedatum.
Canetti dekliniert in einer Szenenreihe durch, was diese Voraussetzung für das alltägliche Zusammenleben und die Organisation als Gesellschaft bedeutet: Über das individuell zugemessene Quantum an Lebensjahren wird ökonomisch sinnvoll verfügt. Wer noch Jahrzehnte vor sich hat, plant vernünftig und langfristig; wer um sein baldiges Ende weiß, verheizt sich in schnellem Glück. Das ungleich verteilte Kapital lässt soziale Hierarchien entstehen; sie bestimmen die Mechanismen des Partnermarkts und die Ökonomie der Gefühle. Trauer gerät zum irrationalen Akt, denn man hat immer schon gewusst, wieviel Lebenszeit einem Menschen beschieden ist.
Seit der groben Entschlüsselung des Genoms 2003 scheint die biologische Verfasstheit des Menschen weiter lesbar geworden zu sein. Die Firma 23andMe mit Sitz im Silicon Valley bietet ihren Kunden an, ihr Erbgut für den Preis von 99 Dollar mittels der Analyse eingesandter Speichelproben auf etwa 200 Erbkrankheiten und andere Veranlagungen hin zu untersuchen. Über die daran anschließende Möglichkeit, die Lebenserwartung eines Menschen zu prognostizieren, wurde ebenso schnell spekuliert wie über die Gefahr des Missbrauchs der Daten im Dienste einer ökonomischen Nutzbarmachung.
Der "Kölner Stadt-Anzeiger" schreibt: "Mit der Stückauswahl zeigen Regisseur ... und ... Ensemble erneut, dass sie schwere Kost nicht scheuen ... (und dass man) bis zum Schluss gespannt bei der Stange bleibt. ... Jeder Schritt, jede Bewegung, das komplette Bühnengeschehen ist mit Bedacht durchchoreografiert. ... Es gibt viele starke, emotionale Momente in dieser eindrucksvollen Aufführung. (Hanna Styrie)"
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