Es ist mehr Würde in großmütiger Vergebung als in Rache.
Prospero, der eigentliche Herzog von Mailand, lebt mit seiner Tochter Miranda auf einer einsamen Insel, wohin er fliehen musste. Mithilfe des Luftgeistes Ariel entfesselt er einen Sturm, der seinen Bruder, den König von Neapel und dessen Sohn Ferdinand auf der Insel stranden lässt. Prospero lässt die Schiffbrüchigen seine Zauberkräfte spüren, führt Miranda und Ferdinand als Liebespaar zusammen und erhält am Ende sein Herzogtum zurück.
Klare Story, keine komplizierten Wendungen, ein Hauptdarsteller, der die Fäden spinnt, zusammenhält und schließlich löst. Wären da nicht die Sprache und die Charaktere, die Andersartigkeit und Illusion, Kolonialgehabe und eine einzigartige Machtdynamik, auch wegen Prosperos Fähigkeit, Illusionen zu kontrollieren, was zu einem totalen Einfluss auf alle anderen Charaktere führt. Prospero ist aber kein Machtmensch; Rache übt er, doch in der Reflexion darüber sieht er sich selbst als machtlos.
Prospero ist ein großer Träumer und auch ein großer Verzweifelter. Er vergräbt sich tagelang mit seinem Mantel, seinem Stock und seinem Buch im Rosengarten, ohne auch nur an jedwede Unbill zu denken. Er stellt sich vor, wie etwas sein könnte, was nicht ist: ein guter Staat, eine gerechte Welt, Güte, Liebe sowie lustige Begebenheiten mit Erd-, Luft-, Wasser- und Feuergeistern. Sein missgünstiger Bruder Antonio nutzt Prosperos Träume aus; er schließt ein Bündnis mit dem König von Neapel und vertreibt Prospero von seinem Thron. Und somit ist Prospero auch ein großer Verzweifelter. Er hatte alles, was er sich wünschte, und nun fehlt es ihm an allem. Ausgesetzt auf See, allein mit seiner dreijährigen Tochter, seinem Buch, seinem Mantel und seinem Stab, landet er auf einer Insel, die er sich erst einmal herbeizaubern musste. Und dort kann er nun Rache verüben gegen seine Widersacher und auch wieder träumen von einer besseren Welt, in die er am Ende des Theaterstücks wieder zurückkehrt – so wie die Zuschauer, die aus dem Traum der Insel nach dem letzten Vorhang wieder zurückkehren in ihre eigene, reale Welt.
DER STURM
Shakespeare
Aufführung bei 1. Amateurtheater-Festival NRW am 21. Juni 2024 um 19 Uhr im Parktheater Iserlohn, Großer Saal
Tickets € 10 / € 6 bei https://parktheater-iserlohn.de
Spieler*innen: Anika Beer, Carla Steinberger, Corinna Thier, Daniela Pardemann, Christina Simon, Julia Fehlisch, Tim Bielen, Cai-Oliver Thier, Dean Dammers, Laszlo Friedmann, Sonja Franke.
Ausstattung Doris Billaudelle.
Bauten Horst Wittenberg. Bühne Anika Beer/Corinna Thier.
Regie und Text Axel Gehring.
Fotos Premiere 29.4.2023, Galerie am Schloss, Brühl: Harald Fehlisch